NUSK 30

WerkstattnummerNUSK 30
Werkstattname
  • Buchbinder mit deutschen Werkzeugen II
Nuskas ursprünglicher WerkstattnameR D, V B
Wirkungsort der WerkstattTschechische RepublikBöhmenNordwestböhmen
Alternativní lokace
Wirkungszeit der Werkstatt[(ca) 1549–1581]
Angaben zur Werkstatt

Nuska benannte die Werkstatt nach dem Monogramm RD an der Rolle NUSK V 000 192 mit den christlichen Tugenden. Die Werkstatt wandte allerdings auch Werkzeuge an, die unterschiedliche Signaturen trugen und die ursprünglich mit anderen Zentren verbunden waren: das Monogramm H 1553 (NUSK V 000 193), das Monogramm M (NUSK V 000 403), die anonyme deutsche Werkstatt (NUSK V 000 140) und der Dresdner Buchbinder Brosius Faust (NUSK V 000 209, NUSK V 000 342, NUSK V 000 353 mit der Jahreszahl 1544). In diese Gruppe kann mit höchster Wahrscheinlichkeit auch die Rolle mit den Reformatoren und dem Jahr 1541 NUSK V 000 139 gehören.

Nuska konstruierte außer der Werkstatt „RD“ anhand eines weiteren Monogramms die selbstständige Werkstatt „VB“. Dieses Monogramm befindet sich an der Rolle mit biblischen Halbfiguren NUSK V 000 271. Diese gehörte wahrscheinlich Ulrich Brötzel, der um das Jahr 1568 in Wittenberg belegt ist. Die Rolle wurde auf unserem Territorium ab 1556 (?), bzw. 1569 angewandt. Das zweite Monogramm wird von den Buchstaben CN mit dem Bild einer Eule gebildet, das zweifellos Conrad Neidel (verstorben 1568 in Wittenberg) gehörte. Das Monogramm ist an der interessanten Rolle NUSK V 001 282 mit einem Putto als Kandelaber-Figur zu lesen. Nuska gliederte 17 Exemplare in die Werkstatt „VB“ ein. Zehn zu identischer Zeit zu deren Verzierung angewandte Werkzeuge waren mit der Werkstatt „RD“ gemeinsam. Eine vollkommene Übereinstimmung betrifft weiter die mit den gleichen Werkzeugen verwirklichten Verzierungskonzepte (Stempeldesign in den Spiegeln, Stempel in den eingefallenen Feldern). Ebenfalls einige Auftraggeber von Amtsbüchern waren die gleichen. Von der Identität der beiden Werkstätten zeugt unter anderen Nuskas Fehlgriff, als er den fünften Teil der gesammelten Schriften des Johann Eck einmal der Werkstatt „RD“ und ein zweites Mal der Werkstatt „VB“ zugewies.

Es ist also offensichtlich, dass die Benennung der Zentren nach den Monogrammen RD und VB, neben denen noch andere Zeichen aufgetreten, irreführend ist. Ebenso hält Nuskas künstliche Trennung der beiden Arbeitsstätten nicht stand, die durch das Auftreten des einen oder anderen Monogramms motiviert war. Daher wählen wir die allgemeinere Hilfsbezeichnung Buchbinder mit deutschen Werkzeugen II. Laut den von Nuska erfassten Exemplaren (bzw. der gedruckten Produktion) sollte der Buchbinder II noch an der Wende des 16. und 17. Jahrhunderts aktiv gewesen sein. Die vom zeitlichen Aspekt her unwahrscheinlichen Exemplare schreiben wir dem Buchbinder mit deutschen Werkzeugen VIII zu. Derart bezeichnen wir das Zentrum, das dem Buchbinder II nahe stand, da es 9 seiner Werkzeuge aufnahm, vor allem Rollen (bisher kann nur theoretisch zugegeben werden, dass es sich um zwei Entwicklungsphasen einer identischen Werkstatt handelte, die trotz einer eventuellen Verlegung fast sieben Jahrzehnte lang bestand).

Eine charakteristische Äußerung des Buchbinders II ist die Vorliebe für ältere Stempel, die nach Mitte des 16. Jahrhunderts auch in Böhmen nur noch minimal auftraten oder gänzlich antiquiert waren (z. B. die Schelle NUSK K 000 626). Die Werkstatt vermochte an einem Exemplar 5 bis 6 Stempel zur Geltung zu bringen und in den Spiegeln vieler Exemplare schuf sie daraus ein Design vom spätgotischen Typ. Die Amtsbücher begannen während der Jahre 1550-1583 zu dienen. Außer den Neueinbindungen von Inkunabeln und Frühdrucken zeichnet sich den Datierungen der Ausgaben zufolge mit Unterbrechungen der Arbeitsabschnitt von 1550-1580 ab, zu dessen Präzisierung die in die Einbände geprägten Jahreszahlen 1549-1581 dienen. Der heutigen Aufbewahrung der Amtsbücher nach (Böhmisch Leipa/Česká Lípa, Leitmeritz/Litoměřice, Laun/Louny, Brüx/Most) kann die Werkstatt des Buchbinders II hypothetisch nach Nordwestböhmen lokalisiert werden. Der fünfte und neunte Band der gesammelten Werke des hl. Augustinus (Basel 1569) wurden allerdings mit dem Supralibros des Johann d. J. von Waldstein ausgestattet, der in Komorní Hrádek in Mittelböhmen (Kreis Beneschau/Benešov) residierte.

Literaturverweise