NUSK 62
- Böhmen III
Wie ein Teil der erfassten lutherisch wie auch rein fachmännisch orientieren Produktion zeigt, stellte die Werkstatt namens Böhmen III kein institutionelles Zentrum der Brüderunität dar, sondern ein städtisches Gewerbe, das Bucheinbände unter anderem auch für die Mitglieder oder Sympathisanten der Brüderunität besorgte. Obwohl die geringfügige Migration der Werkzeuge gewisse Selbstständigkeit dieser Werkstatt bezeugt, ist nicht zu übersehen, dass die Werkstatt motivisch sowie stilistisch unter dem Einfluss der Buchbinderei der Brüderunität in Eibenschitz (Ivančice) und Jungbunzlau (Mladá Boleslav) arbeitete. Das charakteristische Werkzeug war die Platte mit dem Thema der Salbung Davids NUSK P 000 277. Da die Jungbunzlauer Gruppe II eine andere, größere Variante besaß, nannte Nuska diese Werkstatt Böhmen III ursprünglich als „Kleine Salbung Davids“. Beide Werkstätten präsentierten sich im Stil der Werkzeuge ziemlich fortschrittlich und hatten außerdem auch mehrere andere gemeinsame Züge: die markante Vertretung von Stempeln, die Absenz der Rollen mit den Reformatoren, die Vorliebe für biblische Platten. Durch die Werkstatt gingen administrative Schriftstücke Mittelböhmens (z. B. Zittolieb/Citoliby, Elbekosteletz/Kostelec nad Labem, Schlan/Slaný), was die eindeutige Lokalisierung nach Jungbunzlau wohl ausschließen mag. Der älteste bisher erfasste Druck stammt aus dem Jahre 1572, in den Vorderdeckel ist jedoch die Jahreszahl 1605 eingeprägt. Die bisher niedrigste ermittelte Jahreszahl am Einband ist 1591, die älteste dagegen 1623.