Projekt

Das Archiv von Bohumil Nuska

Die NUSK-Datenbank verarbeitet das Archiv von Prof. Bohumil Nuska (geb. 1932). Das Archiv entstand aus seiner Feldforschung, die er vom Frühling 1955 bis zum Jahre 1962 durchführte. In Nuskas wissenschaftliches Interesse gerieten böhmische Bucheinbände aus dem 16. Jahrhundert. Dabei beschäftigte er sich nicht nur mit dem Blinddruck, sondern widmete sich auch den an Buchdeckeln angebrachten Metallkomponenten. Er untersuchte Einbände von Handschriften, Inkunabeln und alten Drucken, die sich in Gedächtnisinstitutionen in und außerhalb von Prag (Archive, Bibliotheken, Museen) und in sog. zusammengeführten Beständen (Klosterbibliotheken) befanden. Das Archiv enthält über zehntausend mit Bleistift angefertigte Durchreibungen von Bucheinbänden. Bohumil Nuska gelang es, einen großen Teil seines Archivs nach Herkunft in Werkstätten zu sortieren und etwa 60 % davon in ikonografischen Alben oder Bildübersichten von Blinddruckwerkzeugen zu sammeln. Er bezeichnete einzelne Werkstätten zwar mit Namen, verzichtete aber auf deren Lokalisierung oder zeitliche Verankerung. In den folgenden sechzig Jahren kam es aus Kapazitäts- und persönlichen Gründen zu keiner Veröffentlichung des gesamten Fundus. Das Archiv wurde im Jahr 2016 dem Nordböhmischen Museum in Reichenberg (Liberec) als Schenkung übergeben. Im selben Jahr wurde erstmals ein kleiner Teil des Archivs publik gemacht, als Nuskas ikonografische Alben in die Datenbank Manuscriptorium aufgenommen wurden. Dies geschah allerdings mehr zu Werbezwecken als für den wissenschaftlichen Gebrauch.1

  Alben von Bohumil Nuska NUSK-Datenbank (2022)
Stempel 264 1061
Rollen 1005 1330
Platten (ohne Supralibros) 545 660
Platten (Supralibros) 181 237
Werkzeuge insgesamt 1995 3288
Exemplare   4167
Motivthesaurus   2495

 

1 Nuska, Bohumil: Album obtahů charakteristického nářadí českých renesančních dílen – I. díl. Severočeské muzeum v Liberci, Inv. Nr. ST 1952. Das Album enthält 1005 eingescannte Durchreibungen von Rollen [letzter Zugriff: 17. Juli 2022]; Nuska, Bohumil: Album obtahů charakteristického nářadí českých renesančních dílen – II. díl. Severočeské muzeum v Liberci, Inv. Nr. ST 1953. Das Album enthält 264 eingescannte Durchreibungen von Stempeln, 545 Platten und 181 Supralibros [letzter Zugriff: 17. Juli 2022].

 

Projekt NAKI – Mitarbeiter:innen

Das Archiv von Bohumil Nuska wurde in den Jahren 2020–2022 mit Unterstützung des Kulturministeriums der Tschechischen Republik (NAKI II DG20P02OVV016) digitalisiert und wissenschaftlich aufgearbeitet. Es entstand eine benutzerfreundliche tschechisch-deutsche Datenbank, die den Namen NUSK zu Ehren des Erstellers des ursprünglichen Archivs trägt. Das Projekt wurde vom Konsortium der Fakultät für Restaurierung der Universität Pardubitz mit dem Sitz in Leitomischl (Litomyšl, Univerzita Pardubice, im Folgenden UPCE) und dem Nordböhmischen Museum in Reichenberg (Severočeské muzeum v Liberci, im Folgenden SČM) durchgeführt.

Radomír Slovik, Leiter des Projektteams UPCE
Radomír Slovik beteiligte sich an der Erstellung der öffentlich zugänglichen Datenbank sowie des kritischen Ausstellungskatalogs. Er führte die Restaurierung der für die Ausstellung bestimmten Exemplare durch. Er ist der Autor der zertifizierten Methodik.

Petr Voit, Mitglied des Projektteams UPCE
Petr Voit ist Autor der ideellen Konzeption der Datenbank. Er leitete die Arbeiten, die zur Entstehung dieser speziellen, der breiten Öffentlichkeit zugänglichen Datenbank führten. Er war für die Vereinheitlichung der Terminologie bei der Beschreibung der Werkzeuge für die Datenbank verantwortlich und erstellte die Motivübersicht. Er beteiligte sich am kritischen Ausstellungskatalog.

Jiří Černý, Mitglied des Projektteams UPCE
Jiří Černý war für die deutschsprachigen Ergebnisse des Projekts verantwortlich und beteiligte sich an der Erstellung der öffentlichen Datenbank.

Rostislav Krušinský, Mitglied des Projektteams UPCE
Rostislav Krušinský war für die Eingabe von Forschungsliteratur, Zitaten und Verweisen verantwortlich. Er beteiligte sich an der Beschreibung von Digitalisaten.

Jiří Glonek, Mitglied des Projektteams UPCE
Jiří Glonek zog den Vergleich zwischen den von Nuska gesammelten Werkzeugen (Stempel, Rollen, Platten) mit der deutschen Datenbank EBDB. Er war an der Beschreibung von Digitalisaten beteiligt.

Petr Horák, Mitglied des Projektteams UPCE
Petr Horák war als IT-Fachmann und Programmierer für die technische Erstellung der Datenbank und der spezialisierten Landkarte verantwortlich.

Rada Velebilová, Mitglied des Projektteams UPCE
Rada Velebilová wurden die grafische Gestaltung und das Design der öffentlichen Datenbank, der spezialisierten Landkarte und der Motivübersicht anvertraut.

Diana Janečková, Studentin FR UPCE
Diana Janečková schuf die grafischen Entwürfe der Blinddruckkompositionen.

Petra Šťovíčková, Leiterin des Projektteams SČM
Petra Šťovíčková war für die Vorbereitung der Durchreibungen für das Digitalisieren verantwortlich. Sie wirkte an der Erstellung der spezialisierten Landkarte mit. Sie beteiligte sich an der Beschreibung der Digitalisate und an der Herausgabe des Ausstellungskatalogs.

Anna Kašparová, Mitglied des Projektteams SČM
Anna Kašparová wirkte an der Erstellung der öffentlichen Datenbank sowie der spezialisierten Landkarte mit und beteiligte sich an der Digitalisierung von Nuskas Durchreibungen. Sie war für die Ausstellung und den kritischen Ausstellungskatalog verantwortlich.

Milan Svoboda, Mitglied des Projektteams SČM
Milan Svoboda war an der Erstellung der öffentlichen Datenbank beteiligt, indem er die heraldischen Supralibros beschrieb. Er arbeitete an der Ausstellung und dem kritischen Katalog mit.

Lenka Tichá, Bibliothekarin SČM
Lenka Tichá beschäftigte sich mit der Dokumentation der Ergebnisse, sie war an der Digitalisierung der Durchreibungen beteiligt und arbeitete an der Vorbereitung der öffentlichen Datenbank.

Sam Mikolášek, Grafikdesigner
Sam Mikolášek entwarf die grafische Gestaltung der Ausstellung und des dazugehörenden kritischen Katalogs.

Tereza Knoflíčková, Studentin KH TUL
Tereza Knoflíčková beschäftigte sich mit der Dokumentation der Ergebnisse. Sie war an der Digitalisierung der Durchreibungen beteiligt. Sie arbeitete am Inventar des Archivs von Bohumil Nuska im System ProArchiv BACH.

 

Projekt NAKI – Struktur

Die öffentlich zugängliche Datenbank stellt eine Text-Bild-Erfassung der für den Blinddruck bestimmten Buchbinderwerkzeuge (Stempel, Rolle, Platte) dar, die im 16. Jahrhundert auf dem Gebiet Böhmens von den jeweiligen Buchbinderwerkstätten an konkreten Handschriften, Inkunabeln und alten Drucken gebraucht wurden.

Spezialisierte Karten und Grafiken beschäftigen sich mit der zeitlichen und räumlichen Einordnung von Buchbinderwerkstätten, die im 16. Jahrhundert in Böhmen tätig waren. Sie bieten Informationen über die Ausstattung der Werkstätten sowie ihre religiöse Profilierung, außerdem geben sie Auskunft über die Mentalität und die Stärke von Lesegemeinschaften in einzelnen Regionen sowie auf der Ebene von kulturpolitischen Zentren. Darüber hinaus werden Zeichnungen von Kompositionen angeboten, die während des 16. Jahrhunderts in böhmischen Buchbinderwerkstätten angewandt wurden.

Die zertifizierte Methodik mit dem tschechischen Titel Metodika správného postupu při popisu knižní vazby českého původu a její slepotiskové výzdoby legt anhand konkreter Beispiele von historischen Bucheinbänden fest, wie man bei einer fachkundigen Beschreibung der Blinddruckausschmückungen von historischen Einbänden böhmischer Herkunft aus dem 16. Jahrhundert vorgehen soll.

Die Ausstellung Slepí svědkové doby und der gleichnamige kritische Katalog (Liberec 2022) präsentierten die Ergebnisse der im Rahmen des Projekts durchgeführten Forschung. Die Ausstellung veranschaulichte sowohl die handwerkliche Technik und ihren materiellen Hintergrund als auch die Entwicklung des Buchbinderhandwerks im Kontext der Zeit. Besondere Aufmerksamkeit wurde in der Ausstellung und im Katalog Prof. Bohumil Nuska gewidmet.

 

Die NUSK-Datenbank

Die Originalität des Archivs von Bohumil Nuska ist in der NUSK-Datenbank für immer erhalten geblieben und wurde, von einigen Ausnahmen abgesehen, nicht durch den Ansatz „de visu“ kontaminiert. Das Projekt konnte sich diese Vorgehensweise aus personellen und zeitlichen Gründen nicht leisten. Falls Nuskas Zuordnung der Werkzeuge zu einzelnen Werkstätten oder die bibliografischen Texte auf seinen Durchreibungen aus fachlichen Gründen verbessert werden mussten, sind wir nach demselben Verfahren vorgegangen wie bei kritischen Editionen älterer literarischer Texte. Eine wichtige Rolle fiel daher den Kommentaren zu, die zum Teil die zeitgenössischen Signaturen von Exemplaren betreffen. Im Falle von Archivsammlungen und einigen Gedächtnisinstitutionen außerhalb Prags konnten die Signaturen rein aus Kapazitätsgründen nur teilweise auf den heutigen Stand gebracht werden. Des Weiteren möchten wir darauf hinweisen, dass das Archiv von Durchreibungen, die Bohumil Nuska anfertigte, stellenweise zahlreicher ist als die heutige NUSK-Datenbank (z. B. die Tätigkeit des Prager Buchbinders Kryštof Meyšnar ist in seinem Archiv durch fast dreihundert Durchreibungen dokumentiert, während in der elektronischen Version diese Zahl auf achtundsiebzig beschränkt wurde, was angesichts des ermüdenden Stereotyps der Werkstatt und der Ausgewogenheit des gesamten Bereichs ausreicht, damit die Produktion auf eine repräsentative Weise vorgestellt wird). Die NUSK-Datenbank ist nämlich nicht mit dem Generalkatalog des historischen Bücherbestands auf dem Gebiet der Tschechischen Republik zu verwechseln.

Petr Voit versah alle erfassten Blinddruckwerkzeuge mit neuen ikonographischen Beschreibungen, deren didaktisch aufbereitetes Stemma als Motivübersicht zur elektronischen Datenbank hinzugefügt wurde. Er identifizierte anhand der Fachliteratur die vorkommenden Monogramme und ergänzte den Werkstattfundus um örtliche und zeitliche Charakteristika. In einem weiteren Schritt erstellte er für jede Werkstatt einen Katalogeintrag tegumentologischer und kunsthistorischer Natur. Diese Synthese offenbarte nicht selten, dass es notwendig ist, die ursprüngliche Benennung der Buchbinderzentren von Nuska zu ändern. Nuskas überwiegend metaphorisches Prinzip wich einer eher konzeptionell aufgefassten Nomenklatur, die der Werkstattzugehörigkeit, dem neu hinzugekommenen Wirkungsort und der Wirkungszeit der Buchbinder entspricht (es wurden z. B. die Hilfsnamen Buchbinder mit deutschen Werkzeugen und Buchbinder aus dem Umfeld des Rudolfinischen Hofes eingeführt).

Die deutsche Version wurde aufgrund der in der ganzen Datenbank verteilten Textmenge von keinen Muttersprachler:innen durchgesehen, weshalb um Nachsicht bei sprachlichen Unstimmigkeiten gebeten wird.

 

Recherche

Die Benutzer:innen gelangen zu Text- und Bildinformationen über die einfache oder erweiterte Suche. Während die erstgenannte Suche lediglich die Recherche nach Motiven, Werkzeugtypen (Stempel, Rolle, Platte) und den Maßen ermöglicht, ist die erweiterte Suche in drei gesonderte Module gegliedert: WERKZEUGE – WERKSTÄTTEN – EXEMPLARE. Weil die NUSK-Datenbank keine Durchdringung der einzelnen Module ermöglicht, wurden die Recherchefelder in allen drei Blöcken breit angelegt (dasselbe Motiv kann deshalb z. B. in allen drei Kontexten erfragt werden). Quantitativ umfangreiche Antworten werden nacheinander geladen, worauf das animierte Symbol des Buchbinderwerkzeugs aufmerksam macht. Die Summe der Antworten wird in der letzten Zeile der Suche angezeigt. Die in den Antworten rot dargestellten Daten verweisen auf eine Ebene tiefer und können durchgeklickt werden.

Ihre Fragen zur Verwaltung und zum Betrieb der Datenbank richten Sie bitte an radomir.slovik@upce.cz.

Anregungen und Vorschläge zum fachlichen Teil der Datenbank senden Sie bitte an petr@strahovskyklaster.cz.