Klassifizierung der Werkstätten nach ihren Namen

Die NUSK-Datenbank enthält insgesamt 113 Buchbinderwerkstätten (zusätzlich zu dieser Zahl wurde noch sog. Provisorische Werkstatt eingeführt, die als „Aufbewahrungsort“ für Werkzeuge dient, denen entweder kein entsprechendes Exemplar zugeordnet werden konnte oder deren Funktionalität mit der Periode nach 1600 verbunden ist). Bohumil Nuska hingegen hat in seinem Archiv 144 Werkstätten erfasst, von denen 29 aufgrund der Identifizierung von Werkzeugen, des Abgleichs mit der elektronischen Datenbank EBDB, der aus der Forschungsliteratur gezogenen Erkenntnisse und der Angaben zu den Eigentümern nicht als eigenständige Einheiten akzeptiert werden konnten. Diese Werkstätten wurden dann mit anderen Zentren zusammengelegt. Wir haben in 32 Fällen die Namensgebung von Nuska beibehalten, wogegen 81 Zentren anders benannt wurden (den Benutzer:innen der Datenbank geht jedoch nichts verloren, da die alten Werkstattnamen Nuskas in jedem Kommentar zur Werkstatt gespeichert wurden und auch im Feld „Werkstattname“ gesucht werden können). Änderungen wurden auch deshalb vorgenommen, weil die ursprünglichen Namen meist auf Werkzeugmotiven beruhten und durch Euphemismen gebildet wurden, die heute nur schwer haltbar sind (z. B. Der spitze Luther, Der Gekreuzigte). Ein weiterer Grund, der in einigen Fällen zur Änderung der Werkstattnamen von Nuska führte, war das Bestreben nach Vereinfachung, Ordnung und Vereinheitlichung (z. B. Distel = Buchbinder mit deutschen Werkzeugen VIII).

So findet man sieben verschiedene Arten von Bezeichnungen in der Datenbank. Der Name „Buchbinder mit deutschen Werkzeugen“ ist am stärksten vertreten. Insgesamt 27 Buchbinder wurden auf diese Weise benannt. Viele von ihnen wurden von Nuska als Monogrammisten erfasst, deren Initialen auf den ersten Blick eine böhmische Herkunft vermuten ließen, obwohl die Werkzeuge von Konrad Haebler und in der Datenbank EBDB als deutsch eingestuft wurden (RD + VB = Buchbinder mit deutschen Werkzeugen II). Die Werkzeuge kamen auf unterschiedlichen Wegen nach Nord- und Westböhmen. Das Vorkommen von „Buchbindern mit deutschen Werkzeugen“ ist vor allem in den deutschsprachigen (Grenz-)Regionen zu beobachten, darüber hinaus haben wir fünf Zentren in Prag ausfindig gemacht.

Wir haben eine relativ vielfältige Gruppe von 25 Werkstätten als „Anonyme Werkstätten in konkreten Städten“ identifiziert. Die Bezeichnung dieser Gruppe beruht auf den Beziehungen zu einzelnen Orten, an denen die bekannten Namen von Buchbindern mit keinen bestimmten Werkstätten gleichgesetzt werden konnten (Pilsen). In den Fällen von Tabor (Tábor) und Neuhaus (Jindřichův Hradec) wurde die Stadtbezeichnung für Werkstätten gewählt, die an dem betreffenden Ort über einen längeren Zeitraum und über mehrere Generationen hinweg tätig waren. Es gibt jedoch auch Städte, wo wir einzelne Zentren unterscheiden können, die entweder gleichzeitig oder zu verschiedenen Zeiten arbeiteten. Diese Zentren werden mit römischen Ziffern gekennzeichnet (Leitomischl I, Leitomischl II). Spezifisch sind ansonsten Werkstätten in Städten, in denen die Brüder-Unität aktiv war. Obwohl sie in der Literatur als institutionelle Buchbindereizentren dieser religiösen Gemeinschaft behandelt werden und Nuska mit dieser Variante arbeitete, konnte diese ältere Annahme bei der Auswertung von Materialien aus seinem Archiv nicht bestätigt werden. Die Werkstätten, die nach Leitomischl (Litomyšl) und Jungbunzlau (Mladá Boleslav) lokalisiert werden, arbeiteten zwar für Mitglieder oder Sympathisanten der Brüder-Unität, aber eine Reihe von bibliografischen und ikonografischen Indizien deutet darauf hin, dass es sich um ein städtisches Gewerbe handelte. Die Werkstatt in Chrast ist nur mit einem Beispiel dokumentiert, so dass ihre Charakterisierung offenbleibt. Aufgrund der notwendigen Überschneidungen wurden auch einige mährischen Werkstätten (Eibenschitz/Ivančice, Kralitz/Kralice) in die Datenbank aus dem Archiv von Bohumil Nuska aufgenommen, doch die Erfassung der dazugehörenden Exemplare ist sehr unvollständig.

Eine andere Art der Benennung stellen „Metaphorische Werkstattnamen“ dar. Metaphorische Bezeichnungen wurden bei 24 Werkstätten beibehalten, die nicht weiter lokalisiert werden können. Die Namen von Bohumil Nuska wurden nur leicht geändert (Evangelisten in Konchennischen = Evangelisten in einfachen Nischen). In den meisten Fällen sind nicht viele Exemplare aus diesen Werkstätten erhalten und es ist denkbar, dass es mit der Zeit möglich sein wird, solche Torso-Werkstätten größeren Einheiten zuzuordnen. Einige der Werkstätten mit metaphorischen Namen wurden aufgrund von Werkzeugvergleichen der Werkstatt eines konkreten Buchbinders zugeordnet (Der spitze Luther = Jiřík II).

Die Kategorie „Konkrete Namen von Buchbindern“ wurde zur Bezeichnung von 18 Zentren verwendet. Dabei kennen wir neun Buchbinder mit ihren vollen Namen (Trnka, Bartoloměj), drei Buchbinder sind nur mit ihrem Vornamen angeführt (Adam). Mehrmals lassen sich die auf den Werkzeugen eingravierten Initialen in archivalischen Quellen verifizieren (SS = Sixt Stanhauer). In einigen Fällen meinen wir, dass es sich um Generationenwerkstätten handelte, in denen das Handwerk vom Vater auf die Söhne übertragen wurde (Meyšnar, Kryštof : Meyšnar, Kryštof – Nachfolger). In begründeten Fällen konstruieren wir die Aufeinanderfolge noch sorgfältiger (Harovník, Jan d. Ä. – Vorgänger : Harovník, Jan d. Ä. : Harovník, Jan d. Ä. – Nachfolger).

Die Bezeichnung „Meister“, die in der Datenbank zehnmal vorkommt, stützt sich vorrangig an etablierten und in der Literatur verwendeten Namen (Meister der Böhmischen Rechte). Die Analogie zu dieser Art der Bezeichnung von Buchbindern führte dazu, dass wir sie häufiger nicht nur für Buchbinder einer bestimmten Handschrift oder eines bestimmten Drucks (Meister der Jan-Hus-Postille) verwendeten, sondern auch für die Benennung einer Werkstatt, die entweder bestimmte Werkzeugmotive oder eine außergewöhnliche Komposition verwendete (Meister zweier Stile). In einigen Fällen, in denen wir durch Werkzeugvergleich mehrere von Nuska getrennt registrierte Werkstätten miteinander verbinden konnten, haben wir diese Art der Benennung als neutralen Ausgangspunkt gewählt (Meister des Sabother Graduales).

Obwohl Nuska in seinem Archiv 23 mit Initialen gekennzeichnete Werkstätten erfasste, konnten nur fünf Buchbinder als anonyme „Monogrammisten einheimischen Ursprungs“ identifiziert werden. Wir weisen darauf hin, dass bei einigen von ihnen die Ungewissheit über ihre Herkunft fortbesteht (Monogrammist MH). Die übrigen von Konrad Haebler und in der deutschen Datenbank EBDB erfassten Initialen wurden den „Buchbindern mit deutschen Werkzeugen“ zugeordnet (RD + VB = Buchbinder mit deutschen Werkzeugen II).

Wir haben die Bezeichnung „Buchbinder aus dem Umfeld des Rudolfinischen Hofes“ stellvertretend für vier Werkstätten gewählt, die ab den 1680er-Jahren in Prag tätig waren. Einer der Gründe für diese Entscheidung waren die mit dem Hofkreis und dem Adelsbürgertum verbundenen Aufträge. Wir haben auch spezifische Werkzeuge (Porträtplatten von Kaiser Rudolf II. von Habsburg), das moderne Konzept der Buchbinderei usw. berücksichtigt. Die größte von Nuska erfasste Werkstatt, die ursprünglich als DBM (Dürerbuch-Meister) bezeichnet wurde, fällt ebenfalls in diese Gruppe. Angesichts der Fragwürdigkeit der nun historischen Bezeichnung neutralisieren wir den Namen („Buchbinder aus dem Umfeld des Rudolfinischen Hofes II“) und verleiben außerdem dieser Gruppe vier weitere Werkstätten ein, die Nuska aufgrund weniger gefundener Exemplare gutgläubig für private Buchbinderwerkstätten hielt.