NUSK 77

WerkstattnummerNUSK 77
Werkstattname
  • Buchbinder mit deutschen Werkzeugen VI
Nuskas ursprünglicher WerkstattnameH G, I E
Wirkungsort der WerkstattTschechische RepublikBöhmenNordböhmen
Alternativní lokace
Wirkungszeit der Werkstatt[(ca) 1571–1597]
Angaben zur Werkstatt

Nuska benannte die Werkstatt nach der älteren Rolle mit biblischen Figuren NUSK V 000 276, die mit dem bisher unbekannten Monogramm HG und der Jahreszahl 1568 versehen ist. Das nächste unbekannte Monogramm IE erscheint an den Rollen mit attributlosen Köpfen NUSK V 000 033 und den christlichen Tugenden NUSK V 000 204. Neben diesen deutschen Monogrammisten treffen wir drei biblische Rollen an, die ebenfalls aus Deutschland stammen, jedoch nur mit Jahreszahlen markiert sind: NUSK V 000 338 (1550), NUSK V 000 278 (1567) und NUSK V 000 274 (1570). Die mit CK markierte Platte mit der Kreuzigung NUSK P 000 344 konnte dem Wittenberger Buchbinder Caspar Kraft gehören. Die unsignierte Platte mit der Gerechtigkeit NUSK P 000 454 ist als Eigentum des Buchbinders Christoph Behem aus Zwickau registriert. Bereits im Jahre 1586 gelangte die Platte mit dem knienden David NUSK P 000 283 in den Fundus, die mit dem Monogramm MG markiert ist. Die Buchstaben gehörten dem Augsburger Buchbinder Matthias Gärtner EBDB w004385 (Haebler datiert dessen Aktivitäten in die Jahre 1563-1587). Auf einer weiteren, allerdings unsignierten Platte Gärtners finden wir die Darstellung der Geburt Christi NUSK P 000 316 vor (beide Werkzeuge wurden in Böhmen sozusagen parallel auch vom Buchbinder mit deutschen Werkzeugen IX angewandt, wobei für beide inländische Zentren die Absenz von Reformationsmotiven charakteristisch war). Nicht ein einziges der vier fremden Monogramme (CK, HG, IE, MG) kann zur Benennung der inländischen Werkstatt dienen. Wegen dieses Zusammenlaufes wählen wir die vertretende Bezeichnung Buchbinder mit deutschen Werkzeugen VI. Man kann von ihm sagen, dass er um keinen stilmäßig reinen Ausdruck bemüht war. Seine biblischen Platten sammelte er aus verschiedenen Quellen, die Rollen sind mit beträchtlich veralteten Motiven bemustert (z. B. die spätgotische Jagdszene NUSK V 000 996, der aus der Frührenaissance stammende Kandelaber NUSK V 000 463). Trotzdem war der Buchbinder VI offenbar einer der ersten, die in Böhmen an den Deckeln der Bucheinbände Flächenfüllung mit Arabesken (NUSK P 000 717) und Mauresken (NUSK P 000 716) verbreiteten. Nach den Neueinbindungen von Inkunabeln und Paläotypen folgt eine kontinuierliche Druckreihe aus den Jahren 1568-1587 und 1594-1595. Die in den Einband geprägte niedrigste Jahreszahl ist 1571, die höchste dagegen 1597. Etwa ab dem Jahre 1580 begannen auch die Amtsbücher zu dienen, die die Werkstatt zwar durchliefen, aber viele davon konnten erst mit mehrjährigem Abstand gebunden werden (z. B. die Acta [1537-1557] und das Gerichtsbuch [1537-1555] werden von der Jahreszahl 1595 begleitet). Das im Jahre 1663 gedruckte Exemplar BV III 46 erlangte einen Bucheinband älteren Datums. Aus der Konzentration der Amtsbücher im Leitmeritzer Archiv folgern wir, dass sich die Werkstatt in Nordböhmen befunden haben konnte.

Literaturverweise
  • S. 32-33, 104, 150-153, 213-216.
  • s. 80, 104, 110, 120, 149, 168, 241, 264, 416, 429, 431.