NUSK 10
- Jiřík I
Zur Identifizierung der Werkstatt ist das Seltschaner Gesangbuch ausgiebig behilflich, das am Vorderdeckel die eingeprägte Aufschrift „GIRZYK / KNYHARZ / 1559“ (Jiřík / Buchbinder / 1559) trägt. Obwohl es bis heute nicht gelungen ist, den Vornamen mit dem archivalisch belegten Nachnamen zu identifizieren, ist das Gesangbuch mit den Rollen NUSK V 000 428, NUSK V 000 133 und vor allem NUSK V 000 286 verziert, die dann nahezu an den meisten Produktionen des Jiřík auftritt. Zum Namen des Buchbinders fügen wir allerdings noch die römische Ziffer I hinzu, weil in Prag - wohin die Werkstatt unter Berücksichtigung des intellektuellen Typs der Kundschaft gehörte - parallel noch eine, identische Parameter aufweisende Werkstatt tätig war. Nuska benannte sie „Der spitze Luther“, der Verwandtschaft halber ändern wir diese Bezeichnung jedoch in Jiřík II um. Beide Werkstätten wiesen neun gemeinsame Werkzeuge auf. Etwa ein Drittel des Fundus beider Werkstätten gehörte einst den Prager Buchbindern der vergangenen Generation: dem Meister der Böhmischen Rechte (Altstädter Meister), dem Monogrammisten MN und der Pflanzengroteske II (die ständig lebendige Zusammengehörigkeit mit der Spätgotik wird vor allem durch die Stempel mit dem Motiv der der Schelle sowie der Eichel, durch die skulpturalen Figuren auf den Platten und durch die Rollen mit Weinzweigen bezeugt). Beide Werkstätten verteidigten das gleiche Verzierungskonzept, in dem die Anwendung der Platte zu Gunsten der Rollenstreifen drastisch eingeschränkt war. Die Lokalisierung der künstlerisch konservativen Werkstatt Jiřík I ist nicht sicher (interessant ist die handgeschriebene Eintragung in der Handschrift der Bibliothek des Metropolitankapitels in Prag aus dem Jahre 1552 „...finitum est ... 1539 in Kaurzim“). Mit Sicherheit wissen wir nur, dass hier ab 1540/1541 administrative Schriftstücke für mehrere mittelböhmische Kanzleien gebunden wurden, dass das Prager Messbuch und Dasypodius´ Wörterbuch bereits im Jahre 1540 und das viersprachige Psalter, Ovids Metamorphosen oder die Briefsammlung von Erasmus im Jahre 1541 fertig gestellt wurden. Obwohl die Werkstatt nicht wenig an in- und ausländischer Druckproduktion der 30er Jahre einband, meldet sich zu Beginn der Tätigkeit an der Rolle NUSK V 000 185 auch die Jahreszahl 1541 zu Worte (Nuska gibt in der Literatur die Jahreszahl 1547 an, die vom Standpunkt der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung her ziemlich zutreffend wäre, für die wir aber keine Unterstützung gefunden haben). Die höchste an einem Vorderdeckel angeführte Jahreszahl ist 1562. Das jüngste Buch wurde im Jahre 1565 gedruckt und eines der Amtsbücher konnte aus dem Jahre 1566 stammen. Unter Berücksichtigung der identischen Datierung der Werkstatt Jiřík II stellt sich hier die Frage, ob sich die letzten Jahre nicht bereits in Regie der Nachfolger abspielten. Mehrere Bucheinbände von Amtsbüchern, die ursprünglich als zum Handel bestimmte Kodizes mit weißem Papier entstanden, kamen viel später zum Einsatz, z. B. in das Marktbuch aus der Werkstatt Jiřík I wurde erst zwischen den Jahren 1661-1691 eingetragen.
- S. 333.
- S. 379, Nr. III mit ungenauem Anfang der Wirkungszeit "ca 1547", der wohl auf falscher Leseart der Jahreszahl 1541 auf der Rolle NUSK V 000 185 beruht.
- S. 145-148.
- s. 19, 21, 32, 42, 61, 66, 72, 82, 103, 107, 111, 117, 120, 126, 129, 132, 137, 140, 143, 163, 168, 195, 199, 227, 228, 238-240, 243, 248, 263, 275, 277, 309, 310, 327-332, 336, 338, 347, 447, 451.