NUSK 82

WerkstattnummerNUSK 82
Werkstattname
  • Čížek, Pavel - Werkstatt
Nuskas ursprünglicher WerkstattnameČížek, Pavel
Wirkungsort der WerkstattTschechische RepublikBöhmenPrag / Praha
Alternativní lokace
Wirkungszeit der Werkstatt[(ca) 1563–1613]
Angaben zur Werkstatt

Den Eigentümer der Werkstatt identifiziert mit Sicherheit die handschriftliche Eintragung im Seltschaner Graduale, die lautet „Tento graduálik gest wobnowen letha 1593 od pana Pawla Czižka miesstěnina Stareho Města pražského“ („Dieses kleine Graduale ist erneuert worden im Jahre 1593 von Herrn Pawel Czižek, Bürger der Prager Altstadt“). Nuska legt die Aktivitäten des Pavel Čížek laut Zikmund Winter in die Zeit von 1581-1616. Čížek erlangte im Jahre 1581 die Bürgerschaft in der Prager Altstadt, während der Jahre 1594-1612 (Winter führt 1620 an) war er mehrmals Zunftmeister und noch im Jahre 1616 heiratete er erneut. Čížek hatte einen Sohn namens Ondřej (verstorben 1621), den Winter in der Prager Altstadt um die Jahre 1608 und 1610 erwähnt. Wenn wir die 114 Exemplare verfolgen, die Nuska in seinem Archiv anhäufte, sehen wir neben Neueinbindungen bohemikaler Inkunabeln und Paläotypen sowie Einbänden böhmischer und fremdsprachiger Produktion, die während der 40er bis 50 Jahre des 16. Jahrhunderts gedruckt wurden, eine mehr oder weniger kontinuierliche Reihe von Drucken aus den Jahren 1569-1609. Jüngere Impressen ermittelte Nuska nicht - die Werkstatt lebte wahrscheinlich nur noch von den Aufträgen der Stadtämter in Prag und Mittelböhmen. Dessen ungeachtet ist die älteste in den von Čižeks Werkzeugen verzierten Vorderdeckel eingeprägte Jahreszahl 1563. Zwei von drei Werkzeugen, die Pavel Čížek am Seltschaner Graduale anwandte, befinden sich am Erzeugnis mit der höchsten geprägten Jahreszahl 1613. Die bisher veröffentlichten zeitlichen Abschätzungen als ungenau anzuerkennen, bedeutet noch nicht zu glauben, dass ein Eigentümer das Gewerbe fünfzig Jahre lang führte. In einer ähnlichen Lage befand sich die Dynastie der Harovníks, die in unserer Datenbank in Vorgänger, Jan Harovník d. Ä. und Nachfolger aufgeteilt ist. Bei der Familie Čížek fehlt es jedoch an ausreichenden Quellennachweisen. Wir wissen nicht, ob der Gründer der Dynastie Martin Čížek war, der von Winter bereits im Jahre 1563 als Betreiber einer Buchbinderwerkstatt im Prager Stadtviertel Wischehrad (Vyšehrad) erwähnt wird, der Nachfolger dann Pavel Čížek bzw. sein Sohn, der etwa seit den 80er Jahren des 16. Jahrhunderts arbeitete, und der Vollender schließlich Ondřej Čížek, der Enkel, der im Jahre 1609 in der Werkstatt antrat (Winter gibt auch an, der Vater Pavel habe im Jahre 1610 seinen Söhnen ein Haus gekauft, weitere Nachkommen kennen wir jedoch nicht beim Namen). Unter Berücksichtigung dieser Unklarheiten können wir zu Čížeks Namen nur den allgemeinen Nachsatz „Werkstatt“ hinzufügen. Dieses Zentrum, das auf irgendeine Weise u. a. an den Buchbinder mit deutschen Werkzeugen XI angeknüpft war, halten wir für einen redlichen Hersteller von Bucheinbänden, der bemüht war, Serienmäßigkeit zu vermeiden und dabei den konservativen Geschmack der Kunden nicht zu provozieren. Zu einer merklichen, allerdings vorsichtigen Verschiebung kam es erst während der 90er Jahre des 16. Jahrhunderts, als nach der hegemonialen Realisierung der Rahmenkomposition unter Begleitung von blumigen Eckstempeln die ovale Arabeskendominante (NUSK P 000 618) und die Flächenfüllung (NUSK P 000 544, NUSK P 000 701) zur Geltung kamen. Sympathisch ist dabei, dass dieses innovative Konzept nicht nur von den lateinischen oder deutschen Drucken aus dem Ausland angenommen wurde, sondern auch von den Verlegereinbänden sprachlich böhmischer Prosa. Diese Tatsachen verweisen auf die allmähliche Veränderung der Mentalität in den bürgerlichen Schichten und eigentlich auch auf den sozialen oder beruflichen Typ der Kundschaft, die mit Čížeks Dynastie verbunden war.

Literaturverweise
  • S. 328, 332.
  • S. 382, Nr. XIII.
  • s. 100, 112, 140, 168, 177, 186, 193, 197, 200, 228, 238-240, 247, 252, 263, 277, 306, 407, 421, 449-454, 462-464, 469.