NUSK 27

WerkstattnummerNUSK 27
Werkstattname
  • Harovník, Jan d. Ä.
Nuskas ursprünglicher WerkstattnameHarovník
Wirkungsort der WerkstattTschechische RepublikBöhmenPrag / Praha
Alternativní lokace
Wirkungszeit der Werkstatt[(ca) 1552–1597]
Angaben zur Werkstatt

„Joannes ligator filius Harovnik“ wurde in der Prager Altstadt im Jahre 1553 als Buchbinder von Cardanos medizinischem Buch erwähnt und erscheint erst danach (1559) erstmals in den Archivquellen. Während der Jahre 1571-1594 war er mehrmals Zunftmeister. Er verstarb im Jahre 1598. Wie von den Archivquellen bezeugt wird, führten seine beiden Söhne das Handwerk weiter: Jakub 1597-1622 und Daniel 1602-1610. Zikmund Winter erfasst zum Jahr 1611 von der neuen Generation noch Jan Harovník d. J., der im Jahre 1620 Zunftmeister war. Im Fundus des Jan d. Ä. registrieren wir mehrere Werkzeuge des Buchbinders Jiřík. Außerdem treten hier zwei mit dem Monogramm IH markierte Platten auf, die wir dem Buchbinder Harovník, nicht jedoch dem Werkzeughersteller zuschreiben (Justitia NUSK P 000 442 und Lucretia NUSK P 000 472). Zwei biblische Rollen, und zwar NUSK V 000 274 und NUSK V 000 323, sind mit der Jahreszahl 1570 datiert. Jan der Ältere erscheint als enorm lange tätiger, jedoch durchschnittlicher, traditionalistisch orientierter kommerzieller Buchbinder. Er kam der Mentalität des bürgerlichen Kunden entgegen und brachte somit die mit Rollen überladene Rahmenkomposition zur Geltung. Er zögerte nicht, vor allem an den Einbänden der Amtsbücher das spätgotische Verzierungskonzept zum Leben zu erwecken, dessen Spiegel mit Stempeldesign oder diagonal geführtem Gitter bedeckt wurde. Die Bucheinbände der Amtsbücher wurden bei Harovník aus ganz Böhmen in Auftrag gegeben (Jermer/Jaroměř, Leitmeritz/Litoměřice, Laun/Louny, Schlan/Slaný, Tábor/Tabor, Wittingau/Třeboň). Einige kamen in den 90er Jahren des 16. Jahrhunderts zum Einsatz, andere nach dem Jahre 1600 und die Burgrechtregister sogar erst 1658. Trotzdem es sich um eine bereits nach Mitte des 16. Jahrhunderts entstandene Produktion auf Vorrat (auf Lager) hat handeln können, kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Stücke aus der Werkstatt von Harovníks Nachfolger stammen. Außer Amtsbüchern durchliefen die Werkstatt von Jan dem Älteren viele in- und ausländische Drucke, die während der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts herausgegeben wurden. Der unterbrochene Abschnitt der Jahreszahlen beginnt mit dem Jahr 1550, für sicherer halten wir allerdings den Preisvermerk, der im Jahre 1552 auf den Innendeckel von Hoffmeisters Postille eingetragen wurde, wobei der Druck selbst 1551 erschien. Zu den Anfängen der Werkstatt hat allerdings Sabellicos Rapsodia historiarum (Paris 1509) kompromisslos ein Wort mitzureden, die ohne jeglichen Zweifel mit zwei Rollen des Jan des Älteren verziert ist, am Vorderdeckel allerdings die sehr frühe Jahreszahl 1548 trägt. Daher konstruieren wir zu den Jahren 1548-1552 den sogenannten Vorgänger des Jan Harovník d. Ä. Für die Schöpfer der Bucheinbände nach dem Jahre 1597 herausgegebener alter Drucke halten wir dagegen die Söhne von Harovník. Da wir jedoch nicht im Stande sind, ihre schöpferischen Anteile voneinander zu unterscheiden, haben wir die vertretende Werkstatt der Nachfolger von Harovník geschaffen. Diese arbeiteten mit geerbten Werkzeugen, zu denen u. a. zwei fortgeschrittene Maureskenplatten hinzukamen, nämlich NUSK P 000 605 und NUSK P 000 606, die zusammen an den Vorder- und Hinterdeckeln jüngerer Einbände angewandt wurden.

Literaturverweise
  • S. 333.
  • S. 327.
  • S. 381 datiert die Tätigkeit von Jan Harovník d. Ä. nicht separat und legt das Schaffen der ganzen Familie zwischen die 1560er-Jahre und den Anfang des 17. Jahrhunderts.
  • S. 116 um das merkwürdig lage Schaffen des Meisters abzukürzen, wurde für die Zeit 1548-1559 die Werkstatt Harovník, Jan d. Ä. – Vorgänger gebildet.
  • S. 183-186 Jan Harovník d. Ä. 1559-1597.